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Stuttgarter Zeitung
Sabine Grimm
Natürlich schön „Kunst und Natur“ auf der Iga

Ein Bild, ein Spiegel , ein Bild, ein Spiegel...Viermal saftig-grüne Küste, dreimal die eigene Nase (nebst Ganzkörperbild). Die wandbreite Installation „Ireland and I“ des Münchners Thomas Witzke lässt sich nur im Vorübergehen erfahren: der Kunstfreund als Flaneur.
Noch bis zum Sonntag präsentiert die Akademie für Natur und Umweltschutz vier Arbeiten des zweiunddreißigjährigen Künstlers unter dem Motto „Kunst und Natur“ im Pavillon „Treffpunkt Baden-Württemberg“ auf dem Iga-Gelände. Die fünftägige Öko-Kunst-Aktion der Akademie, die quasi als Bildungsabteilung zum baden-württembergischen Umweltministerium gehört, soll, so hofft die Organisatorin Karin Blessing, naturschützerischem Gedankengut zu mehr Popularität verhelfen.
Künstler Witzke freilich, der nach eigenem Bekunden mit traditionellen „Kunstbegaffungsorten“ - also Galerien aller Art - nicht allzu viel im Sinn hat, führt mit seiner kleinen Iga-Schau ganz anderes im Schilde. Er will arglose Gartenschaubesucher zum Kunstgenuss verführen. Seine Chancen sind nicht schlecht - und nicht nur weil das Pavillondach dem ermüdeten Wandersmann Schutz vor Widrigkeiten mitteleuropäischen Sommerwetters verheißt. Nein, Witzkes Werke sind geheimnisvoll, magisch fast, animieren Betrachters Phantasie zu Annäherungsversuchen.
Wie zum Beispiel die Installation „Jahrestage“. Da ergießen sich 365 graue Steine, jeder zerhackt in zwei Teile mit goldenen glänzenden Bruchstellen, auf dem Boden des Ausstellungsraums, formieren sich zu einem machtvollen Fluss. 365 graue, alltägliche Tage - und doch ist jeder anders, jeder birgt einen Schatz, eine Entdeckung. Die Arbeit, für die der Künstler (bei einer Trefferquote von etwa 1:3) insgesamt 1500 Steine mit gezielten Hammerschlägen zerdeppern musste, ist einerseits ungewöhnlich sinnlich, andererseits auch ein intellektuelles Denkspiel des studierten Kunsthistorikers Witzke, nämlich eine Hommage an seinen Lieblingsautor Uwe Johnson und dessen Hauptwerk „Jahrestage“. Und doch ist das steinige Werk, wie auch die drei anderen, vor allem eins: eine Hymne an die Poesie.